Abgelegen im blauschwarzen Tannenwald liegt er, der Mordhof. Hier wurde die gesamte Familie Danner brutal mit der Spitzhacke erschlagen, auch die Kinder und die neue Magd. Niemand im Dorf hat von der grausamen Tat etwas mitbekommen. Wundern tut es aber keinen, war doch der alte Danner (Vitus Zeplichal) ein alter Tyrann und Geizhals, der es sich mit jedem in der Umgebung verscherzt hatte. Seine frömmelnde Frau (Lisa Kreuzer) sprach mit niemandem, und die Kinder seiner Tochter Barbara (Brigitte Hobmeier) sollen auch von ihm gewesen sein. Als zwei Jahre später die junge Kathrin (Julia Jentsch) im Dorf auftaucht, ist der Täter noch immer nicht gefunden. Bald erkennt sie hinter dem dichten Netz aus Lügen und Schweigen eine tiefe Schuld im Dorf und ahnt, dass der Fall mehr mit ihr zu tun hat, als ihr lieb sein kann...
Nicht einfach eine Geschichte nacherzählen, sondern eine eigene Form finden, so die Regisseurin Bettina Oberli („Die Herbstzeitlosen") über ihre filmische Umsetzung der Romanvorlage. Basierend auf wahren Begebenheiten verkaufte sich das gleichnamige Buch von Andrea Maria Schenkel über eine Million mal. Nach wie vor ist nicht bekannt, wer diese Morde begangen hat. Noch immer versuchen Polizei und Interessensgruppen im Internet die Tat zu rekonstruieren und den Täter ausfindig zu machen. Die Filmemacherin hat eine eigene Form gefunden, indem sie mit der Figur der Rückkehrerin Kathrin eine zweite Erzählebene erfindet (beeindruckend: Julia Jentsch, zuletzt in „Effi Briest"). Mittels unruhiger Kameraführung, blaustichigen Bildern und wiederkehrenden Blicke in düstere Baumkronen rückt Oberli die psychologische Anatomie dieser Morde in den Mittelpunkt.
Fazit: In Rückblenden erzähltes, spannend und gekonnt inszeniertes Drama um Schuld und Sühne, Abgründe und Menschsein. Mit einer hervorragenden Monica Bleibtreu in ihrer letzten Kinorolle. Wer den Blick auf Scheinheiligkeit und das Böse im Menschen nicht scheut, dem sei „Tannöd" wärmstens empfohlen.
Tipp: Für jene Kinogänger, die mehr als ‚nur' schauen oder erschauern wollen: achten Sie auf die kunstvollen Übergänge. Und wer mehr über die Hintergründe dieser Tat erfahren will, der suche im Internet nach „Hinterkaifeck" - so der Name des realen Schauplatzes.
Isabella Fischer
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