Brasilianischer Bundesstaat Mato Grosso do Sul: eine Gruppe von Guarani-Kaiowa-Indianern verlässt nach dem Selbstmord zweier Teenager das Reservat. Ein Dutzend Männer, Frauen Heranwachsende und Kinder siedeln sich neben dem Feld eines Grossgrundbesitzers an. Rechtlich gehört das Land den Indianern. Doch weisse Farmer betrachten den fruchtbaren Boden als ihr Eigentum, das sie rücksichtslos und mit Gewalt verteidigen. Denn es geht um Profit: wertvoller tropischer Urwald wird zugunsten von Soja- und Zuckerrohrplantagen gerodet. Doch die Guaranis leisten erbitterten Widerstand...
Guarani-Kaiowa bedeutet ‚Waldleute'. Einst bewohnten sie in Mato Grosso Wälder und Wiesen von rund 350'000 Quadratkilometern. Doch illegaler Holzschlag, Rinderzucht und Soja-Monokulturen bedrohen die Existenz der Guarani Indianer. Die Anzahl dieser ‚Ureinwohner' beträgt nur noch 1% der Gesamtbevölkerung Brasiliens. Zusammengepfercht in kleinen Reservaten vegetieren sie dahin. Aufgrund der Waldzerstörung wurden sie ihrer Jagdgründe beraubt. Kaum genug Land, um Getreide oder Früchte anzubauen. Unterernährung, eine hohe Selbstmordrate unter Jugendlichen und eine ‚Ausrottungskampagne' weisser Siedler und Viehbarone bedrohen das kulturelle und genetische Erbe von Indigenen in Brasilien. Soweit die Fakten. Marco Bechis filmisches Werk dreht sich immer wieder um das Schicksal politisch Verfolgter und unterdrückter Minderheiten. Der in Chile geborene Filmemacher hätte die Tragödie brasilianischer Indigene mit dokumentarischen Mitteln aufzeichnen können. Stattdessen realisierte Bechis einen eindrücklichen Spielfilm. Abgesehen von einigen wenigen professionellen Schauspielern wurden alle Rollen mit Indigenen besetzt. Überaus realistisch, aber nie moralisierend erzählt „Birdwatchers" den scheinbar aussichtslosen Kampf um Existenz und Identität.
Ethnographische Themen als Dokumentarfilm konzipiert erreichen üblicherweise nur eine kleine Zielgruppe. Es bleibt zu hoffen, dass Marco Bechis Spielfilm ein grösseres Publikum anspricht. Denn damit erhöht sich die (weltweite) Chance, dass dieser Völkermord endlich die verdiente Unterstützung nicht nur der brasilianischen Zivilgesellschaft erhält.
Fazit: „Birdwatchers" ist ein aufrüttelnder Spielfilm, der nicht nur dank seiner authentischen Darstellern überzeugt. Ein Drama, das dem Zuschauer auf ‚spielerische' Weise eine wenig bekannte Tragödie nahe bringt. Ein Film für alle Cinephilen, die ein Faible für sozialkritische Themen haben - und dabei auch noch ihren Horizont erweitern möchten.
Isabella Fischer |