Giochi d’Estate (Summer Games): Klein, fein und – einfach wunderbar! (Trailer und Filmkritik)
Inhalt: Vincenzo (Antonio Merone) und Adriana (Alessia Barela), ein Ehepaar kurz vor der Trennung, verbringt mit ihren beiden Söhnen den Sommerurlaub auf einem Campingplatz in der Maremma. Sie versuchen, ihre von Auseinandersetzungen und Abhängigkeiten geprägte Ehe zu retten. Ihr älterer Sohn Nic (Armando Condolucci) verarbeitet die traumatisierenden Gewaltausbrüche seines Freundes im Spiel mit Freunden. Hier ist er gut integriert, kann aber nur mit Mühe seine zunehmenden Gefühle für die gleichaltrige Marie (Fiorella Campanella) ausdrücken. Auch Marie leidet, denn sie ist auf der Suche nach ihrem Vater, der die Familie angeblich nach ihrer Geburt verlassen hat. Die Reise zu sich selbst verändert das Leben aller Beteiligten für immer…
Kritik: Sie können es eben doch, die Schweizer. Nicht nur das Ricola erfinden, sondern auch aussergewöhnliche Filme drehen, die Genuss statt Verdruss bedeuten. Im konkreten Fall ist es das Team um Regisseur Rolando Colla, einem Schweizer mit italienischen Wurzeln. „Giochi d’Estate“ ist eine gefühlvoll-überzeugend erzählte Geschichte, in feinfühlige Bilder umgesetzt, mit umwerfend guten Kinderdarstellern inszeniert. Mehrheitlich Laien, auf den Strassen von Rom und Paris entdeckt, deren schauspielerische Qualitäten weit entfernt von hölzernem Pathos, aber sehr sehr nah am Leben einzuordnen sind. Einen Vergleich mit dem italienischen Neorealismus (Roberto Rossellini oder Vittorio De Sica als bedeutendste Vertreter) braucht Collas „Sommerspiele“ nicht zu scheuen. Kleiner Wermutstropfen in diesem von Sonnenlicht und Sommer-Sound perlenden Kino-Kleinod: das Ende hätte rund zwanzig Minuten früher eintreten sollen. Trotz dieser zugegeben etwas pingeligen Meckerei – ‚un pazzo‘, wer pauschal helvetische Kinoproduktionen als doof abstraft.
Fazit: Eine der besten Schweizer Filmproduktionen des letzten Jahrzehntes! Grossartiges Sommerkino mit viel ltalianità, bei dem man die Sonne auf der Haut spürt und Erinnerungen an die eigene Kindheit wohl so manchen Herzschlag beschleunigen.
Inside: Die Geschichte sei von seiner eigenen Kindheit inspiriert, so Regisseur Rolando Colla, 1957 in Schaffhausen geboren und Sohn italienischer Immigranten. Für seine Kurzfilme und Spielfilme hat Colla zahlreiche Preise gewonnen. Der grösste steht vielleicht schon an: „Giochi d’Estate“ wurde bei der ‚Academy of Motion Picture Arts and Sciences‘ angemeldet in der Kategorie ‚Bester ausländischer Film‘. Ob Collas Film letztlich ins Rennen um den Oscar 2012 geht, entscheidet die Academy im Januar.
Isabella Fischer
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