Virgin Tales: Dokfilm über Keuschheit, Jungfrauen-Bälle und ein weltweit neues Phänomen. Unglaublich aber wahr (Trailer und Filmkritik)
Inhalt: Angeblich legt eines von acht Mädchen im Alter zwischen acht und 18 Jahren in den USA ein Keuschheitsgelübde ab. Sie alle bekennen sich zu den ultrakonservativen Christen, den Evangelikalen. Evangelikale Christen scheuen keine Mühen, um weltweit für ihren Glauben zu missionieren. Sie glauben an die Unfehlbarkeit der Bibel, betrachten Homosexualität als Sünde, und rufen die zweite sexuelle Revolution aus. Keuschheit und Reinheit als Gegenbewegung zur zunehmenden Sexualisierung der Medien und deren negativen Einfluss auf die junge Generation. Die Schweizer Produzentin und Regisseurin Mirjam von Arx hat zwei Jahren lang die neunköpfige Familie Wilson in den USA begleitet. Mit „Virgin Tales“ dokumentiert von Arx, wie die religiöse Rechte eine junge Generation von „Virgins“ (Jungfrauen) darauf vorbereitet, eine evangelikale Utopie zu verwirklichen.
Kritik / Fazit: Das Thema Evangelikale und deren Keuschheitsgelübde dürfte manchem Kinogänger nicht ganz unbekannt sein. Doch diese von missionarischem Eifer beseelte 87 Minuten dauernde ‘evangelikalische Weltordnung‘ hinterlässt einen zwiespältigen und beklemmenden Eindruck. Die nahezu fanatische Hingabe dieser Familie zu den Geboten von ewiger Treue, Keuschheit vor der Ehe, und Familie als Fundament lassen einen zeitweise vergessen, dass hier ein Dokfilm und keine Fiktion vor dem ungläubig staunenden Auge vorbeizieht. Szenen wie diese, als sich der Junge vor versammelter Familie mit tränenerstickter Stimme für Dasein und Wertschätzung bedankt, oder die Antwort „I have to say no for the greater yes“ eines Mädchens zu ‚Warum kein Sex vor der Ehe?‘ vermögen in gleichem Masse abzustossen wie sie anziehen. Unweigerlich fragt man sich, ob man als Nicht-Evangelikale wohl auf dem falschen Pfad wandelt. Dies ist denn auch die Schwachstelle von „Virgin Tales“. Kritische Punkte werden zwar zaghaft angetönt, aber es wird nicht nachgehakt. So verkommt diese Dokumentation letztlich zu einem (unbeabsichtigten) Hochglanz-PR-Beitrag für die Anliegen von Evangelikalen. Trotzdem, die Stärke von „Virgin Tales“ liegt in der faszinierenden Nähe zu den Protagonisten. Eine grosse Authentizität, wie sie nur Filmemacher gelingt, die ihre ‚Darsteller‘ über Monate begleiten und so auch die Basis für ein grosses Vertrauensverhältnis schaffen können. Ein sehenswerter Dokfilm für alle, die ihren geistig-existentiellen Horizont erweitern wollen. Man braucht keine Affinität für das Thema zu hegen, um nach „Virgin Tales“ nicht ins Grübeln zu geraten…
Isabella Fischer
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