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Brüno

 

Brüno ist ein schwuler Reporter, der für den Österreichischen Rundfunk TV-Reportagen zu Themen wie Fashion, Unterhaltung und Celebrities macht. In seiner Sendung ‚Funkyzeit' interviewt Brüno Promis wie auch Leute von der Strasse und bringt die Ahnungslosen oft in äusserst peinliche Situationen. So stürmt er den Laufsteg der Mailänder Fashion Week oder er lässt sich anlässlich einer Wrestling-Show mit seinem schwulen Freund im Käfig einschliessen, umgeben von brüllenden Zuschauern. Ob er mit einer Gruppe Rednecks am Lagerfeuer über die Sex and the City-Girls philosophiert oder im Army-Camp als Label-Freak sein Unwesen treibt, Brüno entlarvt dabei oft eine Doppelmoral und hält seinen Interviewpartnern den Spiegel vor. Dabei möchte Brüno doch nur eines: Dem oberflächlichen Fashion-Zirkus entkommen und etwas wirklich Wichtiges für die Menschen dieser Welt erreichen...

 

Eine Warnung vorweg: wer sich auf „Brüno" einlässt, der darf nicht zart besaitet sein. Denn der Provokateur Sacha Baron Cohen („Borat") alias Brüno schlägt Töne an, die wohl manch sensiblem Zeitgenossen die Schamröte ins Gesicht treiben wird. Neben ad absurdum inszenierten Homo-Sexualpraktiken - Brüno nennt das „Arschewitz schtuppen" (wird an dieser Stelle nicht übersetzt) - konfrontiert er ‚ahnungslose' Bürger, Terroristen und Politiker mit kompromitierenden Fragen und Situationen. So schafft es Cohen, einen Interviewtermin mit dem Kopf der Al Aqsa Terrorbrigade zu erhalten. Als Reporter Brüno spricht er über die Haarqualität des Terroristen und bezeichnet dessen ‚Führer' Saddam als „Weihnachtsmann". Oder er konsultiert einen ‚gay converter', der ihn zu einem rechtschaffenen Hetero bekehren soll. Schmerzfrei, gnadenlos und mit bewundernswerter Selbstbeherrschung provoziert Cohen Reaktionen, die belustigen, aber auch abstossen. Und die nachdenklich stimmen. Brüno steht stellvertretend für den Exibitionismus in unserer Gesellschaft, der immer absurdere Dimensionen annimmt. Die Entlarvung der zurzeit herrschenden ‚Mediengeilheit' ist ein Höhepunkt dieser bissigen Realsatire. So sucht Brüno als Casting Agent Kleinkinder für ein Photoshooting. Er konfrontiert die Mütter mit der Tatsache, dass ihr Kind in einer Woche 5 kg Gewicht verlieren und eine Fettabsaugung über sich ergehen lassen sollte. Die Antworten der ehrgeizigen Mütter werden hier nicht verraten. Schauen Sie selbst. Auch wenn man an einigen Stellen gar nicht hinschauen mag, so peinlich wirkt die Szenerie.                          

 

Fazit: Formal lässt sich „Brüno" mit der Tradition eines Michael Moore-Dokfilmes vergleichen. Guerilla-Drehtaktik und ‚soziales Experiment' als Konzept ist Pflicht. "Brüno" ist hemmungslose Groteske für ein abgebrühtes Publikum. Etwas weniger schwul wäre mehr gewesen. Denn die wiederkehrende Fokkusierung auf affektiertes ‚Homo-Getue' und deren Kopulationstechniken lenkt von der eigentlichen Boschaft ab - die Demaskierung von Doppelmoral und die exibitionistischen Neigungen sogenannt ‚normaler' Bürger. 

 

Isabella Fischer

Brüno / Grotesk-Komödie / USA 2008 / Regie: Larry Charles / mit Sacha Baron Cohen, Gustaf Hammarsten und zahlreiche Interviewpartner / Verleih: Ascot Elite / 85 Minuten / Kinostart: 8. Juli 2009

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