Ist sie ein weltfremder, esoterischer Schulungsweg, eine fundamentalistische Weltanschauung, oder gar eine radikale Alternative zum Mainstream des Kapitalismus? Der Kinodokumentarfilm von Christian Labhart erzählt auf einer Reise durch die Schweiz, Deutschland und Ägypten von Menschen, die überzeugte Anthroposophen sind. Aber auch von Menschen, die die umstrittene Bewegung hinter sich gelassen haben.
Kritik: Was macht einen Dokfilm zu einem ‚guten' Dokfilm? Authentische Darstellung, differenziert, informativ, unterhaltend, um nur einige wichtige Kriterien zu nennen. Die Protagonisten in „Zwischen Himmel und Erde - Anthroposophie heute" sind ganz sich selbst. Sowohl ‚himmlische' wie auch ‚irdische' Töne schlagen sie an - von der heilen Welt („Die Sachen positiv sehen ist auch nicht schlecht") zur naturverbundenen Weltanschauung („Das Erdige beleben"), vom ‚spirituellen Aktivisten' (Journalist Gronbach) zum charismatischen Biobauer Martin Ott. In Christian Labharts Kinodok äussern sich sieben Menschen erstaunlich offen über ihre Befindlichkeit. Auf formaler Ebene ist die Narration und kinematographische Umsetzung ganz der Thematik angepasst: atmosphärische Bilder, beschauliches Erzähltempo, wenn auch stellenweise etwas zu ‚episch' geraten. Dem Zürcher Regisseur („Zum Abschied Mozart") ist ein Film gelungen, der trotz des anspruchsvollen Themas bestens unterhält und gleichzeitig auch zum Nachdenken anregt. Eine Dokumentation, die (glücklicherweise) nicht den Anspruch erhebt, die Komplexität der Anthroposophie in 82 Minuten erklären zu wollen. Um es in der Sprache der anthroposophischen Medizin auszudrücken: eine ganzheitliche Annäherung in homöopathischer Dosis.
Fazit: Ein gelungener Dokfilm, der trotz des etwas ‚verstaubt' anmutenden Titel-Themas erfrischende, unterhaltsame, aber auch nachdenklich stimmende Blicke auf ‚eine andere Sicht der Dinge' gewährt. Für alle Anthroposophen ein Muss. Aber auch für solche, die immer wieder mal ein Demeter-Produkt im Küchenschrank stehen haben. Und erst recht für jene Kinogänger, die sich gerne auf ein neues Thema einlassen.
Isabella Fischer |