Die schwarzen Brüder: Holzschnittartige Adaption eines Jugendbuchklassikers (Trailer und Filmkritik)
Inhalt: Giorgio (Fynn Henkel) lebt mit seiner Familie ein bescheidenes Leben in einem Tessiner Bergdorf. Doch dann verunglückt seine Mutter (Sabine Timoteo) und der Vater (Leonardo Nigro) weiss nicht, wie er den Arzt bezahlen soll. In höchster Not verkauft er Giorgio an den ‚Mann mit der Narbe‘ (Moritz Bleitreu). Dieser bringt ihn zusammen mit anderen Jungen nach Mailand, wo sie alle als Kaminfeger arbeiten sollen. Die Arbeit ist derart hart und von Demütigungen geprägt, dass die Knaben nur ein Ziel verfolgen: sie planen die Flucht zurück ins Tessin…
Kritik: Kein geringerer als der Oscar-gekrönte Schweizer Regisseur Xavier Koller („Reise der Hoffnung“, „Eine wen iig, dr Dällebach Kari“) hat sich des gleichnamigen Jugendbuchklassikers von Lisa Tetzner und Kurt Held aus dem Jahre 1940 angenommen. Es scheint, als hätten Kollers Jahre in Hollywoods Traumfabrik ihre Spuren hinterlassen. Ein Hauch von Disney Ästhetik ist seinem neusten Kinofilm nicht abzusprechen. Aber dann ist auch schon Schluss mit Analogien zum traditionsreichen amerikanischen Familienkino-Filmstudio. Dem sehr kritischen Kritikerauge fallen folgende Schwächen auf, die angesichts der ansonsten kundigen Handschrift diese renommierten Regisseurs etwas irritieren: Da werden die Bilder ‚erklärt‘, sodass jegliche Imagination abhandenkommt, die Jungdarsteller sprechen ihre Sätze, als bekämen sie von ausserhalb des Bildes das entsprechende Einsatzzeichen und Moritz Bleibtreu‘s Figur ist mehr Karikatur als reale Zeichnung der damaligen ‚Arbeitssklaven-Beschaffer‘. Der Funken, der diese schlichte Tessiner Story damals weltweit zum Glühen brachte, der will hier vor der grossen Leinwand einfach nicht springen.
Fazit: Etwas steife Verfilmung eines Buchklassikers. Viel authentische Ausstattung, tolle Bilder, aber bemühter Humor und etwas verkrampft agierende Jungdarsteller. Schade.
Inside: Bis Mitte des 19. Jahrhunderts sahen sich Tessiner Bergbauern aus grosser finanzieller Not gezwungen, ihre Kinder als Kaminfeger (it: spazzacamino) nach Mailand zu verkaufen. Lisa Tetzner hatte durch alte Chroniken von den Kaminfegerjungen erfahren und ein Buch begonnen, jedoch nicht zu Ende geführt. Schliesslich schrieb ihr Mann Kurt Held (Autor von 'Die rote Zora und ihre Bande') die Geschichte des kleinen Giorgio aus dem Verzascatal zu Ende. 'Die schwarzen Brüder' gehört zu den meistverkauften Kinderbüchern in der Schweiz.
Isabella Fischer
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