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Akte Grüninger

 

Akte Grüninger: Polizeihauptmann gegen ‚Staatssicherheit‘. Kino-Geschichtslektion über Schweizer Zivilcourage im Zweiten Weltkrieg (Trailer und Filmkritik)

Inhalt: Februar 1939: Die Schweiz schliesst ihre Grenzen für jüdische Flüchtlinge. Doch weiterhin gelangen Hunderte von Menschen ohne gültiges Visum über die Grenze. Zur Überprüfung der illegalen Grenzübertritte wird vom Chef der eidgenössischen Fremdenpolizei, Heinrich Rothmund (Robert Hunger-Bühler), eine Untersuchung eingeleitet. Polizeiinspektor Robert Frei (Max Simonischek), ein junger, ehrgeiziger und obrigkeitsgläubiger Beamter, wird in den Kanton St. Gallen beordert. Dort kommt er einem Hilfssystem auf die Schliche, das von breiten Teilen der Bevölkerung getragen und vom St. Galler Polizeihauptmann Paul Grüninger (Stefan Kurt) ermöglicht wird. Im Laufe der Ermittlungen erhärtet sich der Verdacht, dass Grüninger Flüchtlinge ohne gültige Visa hereinlässt, auch Dokumente fälscht und Flüchtlinge illegal über die Grenze bringt. Grüninger gesteht Frei zwar seine Taten gegen die Staatssicherheit, stellt jedoch seine Menschlichkeit, in Form von Hilfe gegenüber den verlorenen Flüchtlingen, über das Gesetz. Mit fatalen persönlichen Folgen…

Kritik: Braucht es diesen Film? Es ist wohl kein Zufall dass just zum Höhepunkt der Diskussion rund um Einwanderung und Asyldebatte ein Film in die Kinos kommt, der ein in Ungnade gefallenen Helden wider Willen wieder ins kollektive Gedächtnis rückt. Bereits 1997 drehte der Schweizer Filmemacher Richard Dindo einen überaus sehenswerten Dokfilm über den St. Galler Polizeikommandanten („Grüningers Fall“). Über diesen ‚Gefallenen‘ inszenierte nun Alain Gsponer („Lila Lila“) eine Kinoversion mit namhaften Schweizer Schauspielern. Produziert wurde „Akte Grüninger“ von C-Films und dem Schweizer Fernsehen. Und hier liegt vermutlich einer der Gründe, weshalb dieses Drama für versierte Kinogänger nicht wirklich funktioniert. Ästhetik, Schnitt, Dramaturgie und Kamera reichen über das Niveau eines SF-Filmes nicht hinaus: schwerfällig erzählt, steif und distanziert die Zeichnung der Figuren. Nebst unverzeihlichen historischen Falschaussagen fragt man sich auch, was die dokumentarischen Filmeinschübe sollen. Auch wenn ich mich nun bei einigen höchst unbeliebt mache, aber diese Grüninger-Filmversion erinnert ans Schulfernsehen der 70er und 80er Jahre.

Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Ja, es braucht solche Filme. Insbesondere über Schweizer Helden respektive Menschen mit Zivilcourage. Denn hierzulande hegt man ein etwas gespaltenes Verhältnis zu (historischen) Figuren, die gegen den Strom schwimmen. Aber man hätte sich mit „Akte Grüninger“ eine packendere, stringentere und emotionalere Aufarbeitung von Schweizer Geschichte gewünscht. Ein lobendes Wort gibt es doch: Stefan Kurt („Lovely Louise“) liefert als Paul Grüninger eine tadellose schauspielerische Leistung.

Inside: Einige berichten von einigen hundert, andere von einigen tausend jüdischen Flüchtlingen, denen Paul Grüninger vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die erforderlichen Papiere für einen Grenzübertritt in die Schweiz ausgestellt hat. Grüninger wurde alsbald in Unehren entlassen und starb 1972 verarmt und von der Gesellschaft geächtet. Erst in den 90er Jahren wurde er rehabilitiert.

"Akte Grüninger" eröffnet am 23. Januar 2014 die 49. Solothurner Filmtage.

Isabella Fischer

Akte Grüninger – Die Geschichte eines Grenzgängers / Drama / Schweiz 2013 / Regie: Alain Gsponer / mit Stefan Kurt, Max Simonischek, Anatole Taubman, Ursina Lardi u.a. / Verleih: The Walt Disney Company (Switzerland) GmbH / 90 Minuten / Kinostart: 30. Januar 2014

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