Sennentuntschi: M. Steiners Alpen-Mysterydrama begeistert und verwirrt gleichermassen (Trailer und Filmkritik)
Wir befinden uns im Jahre 1975 in den Schweizer Alpen. In einem abgelegenen Bergdorf taucht plötzlich aus dem Nichts eine junge Frau (Roxane Mesquida, “Sex Is Comedy”) auf, wild und schön. Dorfpolizist Resch (Nicholas Ofczarek) ist der einzige, der sich der Fremden annimmt. Vorbehaltslos versucht er herauszufinden, wer die stumme Frau ist. Beweise verdichten sich nach und nach, dass die Frau von der Höhenalp kommt, wo Sennen in ihrer Einsamkeit Unvorstellbares tun, um zu weiblicher Gesellschaft zu kommen. So tritt ans Licht, was besser im Verborgenen geblieben wäre...
Kritik: Im Gegensatz zu den bisher üblichen Alpen-Epen im Schweizerfilm (“Wilhelm Tell” etc.), hat der wagemutige Schweizer Regisseur Michael Steiner, der schon mit “Grounding” und “Mein Name ist Eugen” erfolgreich andere Wege ging, eine neue Art Bauerndrama realisiert. Recht gekonnt als moderne Kinoversion. Das ehemalige Bühnenstück aus den 70er Jahren mit Blut und Sex aufzumöbeln ist zwar gewagt, nicht aber schockierend. Da sieht man in US-Horrorfilmen weit ‘Schlimmeres’. Mit guten Schauspielleistungen, speziell zu erwähnen Joel Basman als verstörter Hirtenknabe, und exzellenter Kamera (Pascal Walder), ist die bizzarre, komplexe Geschichte trotz irritierenden Wendungen und ungewöhnlicher cineastischer Form ein sehenswerter Film für kritische Erwachsene.
Fazit: Die schweizerische Grossproduktion “Sennentuntschi” hat streckenweise absolut internationales Format. Der für hiesige Kinoprojekte ungewöhnliche Genremix aus Berg- und Liebesdrama, Horrorelementen und Fantasy wird aber das Publikum in zwei Lager teilen. Die einen werden die rätselhafte Geschichte mit ihren puzzleartigen Wendungen als perfekte Filminszenierung taxieren, die anderen hingegen als effekthascherischen Pseudohorrorfilm mit allzu ‘gewagten’ Sequenzen ablehnen. Wie auch immer „Sennentuntschi“ beim Publikum Anklang findet – Steiners Mysterydrama ist ein interessanter Film, der über dem Durchschnitt helvetischer Produktionen steht und Beachtung verdient.
Inside: Von der Fast-Filmleiche zum ‘Leichenfilm’. Wegen Finanzierungsproblemen hatte man Michael Steiners “Sennentuntschi” eigentlich schon abgeschrieben. Lange wurde mit dem Scheitern dieses Projekts gerechnet. Mit einer kräftigen Finanzspritze der neu gegründeten Constantin Film Schweiz letztendlich gerettet. In Zukunft, so CEO Bernhard Burgener, will man eventuell jedes Jahr einen Film mit Steiner produzieren. Das Drehbuch über einen Betrugsfall auf den Philippinen liegt bereits vor.
Benny Furth
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